50 Jahre Rauchhausbesetzung – und wie geht es heute?

Am 08. Dezember 1971 besetzten ca. 300 junge Menschen das frühere Schwesternwohnheim Martha-Maria-Haus auf dem Krankenhausgelände des Bethanien. Noch am selben Abend kamen zahlreiche Unterstützer*innen von einer Veranstaltung der TU zum Anlass der Erschießung von Georg von Rauch um die Besetzer*innen zu unterstützen und wurden von der Polizei angegriffen. Seitdem heißt das Haus „Georg-von-Rauchhaus“ und wird heute 50 Jahre alt. Diese Geschichte und noch viel mehr ist oft erzählt und niedergeschrieben worden.
Zum Anlass des 50. Geburtstags gab es jetzt mehrere Treffen von den Besetzer*innen und einigen Bewohner*innen des heutigen Rauchhauses. Wir haben zusammen eine Feier, eine Ausstellung und ein Dankeschön-Essen geplant, bis die Pandemie auch uns letztlich dazwischengegrätscht ist. Im nächsten Sommer soll diese Feier nachgeholt werden. Eines der Treffen entwickelte sich spontan zu einem interessanten Gespräch in dem klar wurde, dass es auf beiden Seiten viel Neugier gibt. Wie leben wir heute zusammen? Und was ist von den Ideen von damals übrig geblieben? Wie konnte es gelingen, das Haus zu halten in einem Berlin, in dem der Kampf um kollektive Freiräume immer mehr der neoliberalen Selbstverwirklichung weicht. Am Abend des ersten Jubiläumstreffens war das Rauchhaus wieder von Polizisten belagert. Diesmal um den Köpi Wagenplatz zu räumen. Ein seltsames und doch allmählich fast gewohntes Gefühl.
Auch im Rauchhaus sind viele der Ideen von damals nicht mehr wiederzufinden. Es gibt zwar weiterhin den Versuch eines Plenums, das kollektiv versucht, die Entscheidungen zu treffen. Den Weg auf dieses Plenum finden allerdings nicht mehr viele Bewohner*innen. Von gemeinsamen politischen Aktivitäten oder kollektivem Kochen fehlt fast jede Spur.
Statt der geplanten Festivitäten wird es heute auf dem Mariannenplatz ein Geburtstagsständchen – gesungen von verschieden Chören aus Kreuzberg- geben. Dazu seid ihr alle herzlich eingeladen. Auf die nächsten 50 Jahre …

Foto: Jutta Matthess