Es war einmal im Jahr 1999

Ich wollte einfach raus… Raus aus dem spießigen Spandau, wo ich seit 1974 wohnte und 3x umgezogen bin. Ganz viele meiner Freundinnen / Bekannten lebten in Kreuzberg und ich war sehr oft dort – ich genoss diese bunte Atmosphäre, die netten Menschen und träumte schon lange davon, in diesem mir lieb gewonnenen Stadtteil endlich wohnen zu können.
Da begab es sich, dass eine Freundin von einer freien, barrierefreien Wohnung im Hinterhaus der Regenbogenfabrik hörte und mir davon berichtete. Mein Herz schlug höher bei dem Gedanken, meinen Traum evtl. wahr werden zu lassen – und schwuppdiwupp saß ich auch schon auf dem Hausplenum, stellte mich vor und bekundete mein riesengroßes Interesse, in der Hausgemeinschaft wohnen zu wollen. Ein paar Monate später hatte ich es geschafft:
Endlich angekommen im wunderschönen Kreuzberg! Mein Motto war: „Hier werde ich alt!“
Die Liebe hatte 2019 jedoch etwas anderes mit mir vor!

Ich war so happy! Meine Wohnung lag im 2. Hinterhof und ging zum Garten raus – eine Idylle vom Feinsten!
Das Fenster vom Kino-Vorführraum ging ebenfalls zum Garten raus und ich hörte oft – vor allem in den Sommermonaten das Programm bzw. die Filme mit. Manchmal war es schon etwas nervig, doch irgendwann gewöhnte ich mich daran.
Witzig ist, dass ich es später sogar vermisst habe :).

Da ich im Alltag Assistenz benötige, kamen und kommen 2x täglich Assistentinnen (also eine morgens, eine abends). Den Satz einer Assistentin werde ich nie vergessen:
„Das ist ja wie Urlaub hier!“
Den Blick in den Garten verglich sie mit Italien…
Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist auch so manches Eichhörnchen, das den Garten wohl auch genossen hat.

Mehr und mehr schloss ich die Regenbogenfabrik in mein Herz und 2006 fing ich dort im Büro im Bereich Öffentlichkeit an, wo ich bis heute und hoffentlich noch sehr lange arbeiten kann.
Es macht mir nach wie vor großen Spaß, verschiedene Aufgaben zu erledigen – einerseits wegen unseres Einheitslohns und dem Ansatz „Jede Arbeit ist gleich viel wert!“ und andererseits sind meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt sehr gering. Leider sind einige Menschen der Meinung: Wenn mensch so ein Handicap (Spastik) hat wie ich, gehört sie/er in eine Werkstatt (da rollen sich immer sämtliche Fußnägel bei mir auf; allein schon wegen des Wortes „Werkstatt…..“).
Dann sage ich immer gerne: Warum denn das bitte!?!?
Aus eigenen Erfahrungen ist in so einem abgeschirmten Raum der Ausbau der eigenen persönlichen Fähigkeiten überhaupt nicht möglich.

Deshalb bin ich auch so unglaublich froh, dass ich trotz meines Umzuges in 2019 nach Köln auch weiterhin in der Regenbogenfabrik via Telearbeitsplatz arbeiten kann, was dank des digitalen Zeitalters wirklich sehr gut funktioniert.
Wir haben 2 Inklusions-Arbeitsplätze.

In den vergangenen Jahren hat sich in der Regenbogenfabrik vieles verändert: Menschen kommen; einige bleiben nicht lange – andere wiederum bleiben für immer!
Manchmal gibt es hin und wieder teilweise nur schwer auflösbare Streitigkeiten. Klar, wo in einer großen Gemeinschaft gibt es das nicht? Aber auch, wenn es seit über einem Jahr alles andere als einfach ist, gemeinsam durch diese Pandemie zu kommen, geben wir nicht auf!
Hier sollen unsere treuen Unterstützer*innen auch wieder ihre Erwähnung finden! Denn was wären wir ohne sie?!
Umso mehr freuen wir uns auf die Zeit, in der keine Vorschriften, Kontaktbeschränkungen etc. mehr bestehen und wir unseren Gästen wieder wie gewohnt unsere Kulturveranstaltungen mit großer Freude anbieten können!

Wir tragen allesamt Verantwortung für dieses wunderbare, brilliante Projekt und möchten mit unserer Kraft, unserem Mut und unseren Ideen einen Beitrag leisten für ein besseres, bunteres und sozialeres Leben in Kreuzberg.

*** Ein Hoch auf die nächsten 40 Jahre ***