10 Menschen haben je ein Jahr unseren Alltag geteilt. In einer Rundmail habe ich sie zur einer Rückschau eingeladen.
„Ich schreibe euch ein paar Fragen, weil ich es wirklich großartig finde, dass in den letzten 10 Jahren der Regenbogenfabrik so ein Geschenk gemacht wurde. Zehn Menschen haben uns ein Jahr ihres Lebens geschenkt, bzw. tun es gerade. So unterschiedliche Sachen sind dabei geschehen. Sie haben Kultur-Events gestemmt und Fanzines produziert. Sie arbeiteten im Nachbarschaftsbereich und in den Werkstätten. Manche hatten Lust, den Hof freundlicher zu gestalten.“
Hier möchte ich vier Antworten vorstellen:
Geantwortet haben:
Noellie Laffargue (September 2022 bis August 2023)
Léonie Hartmann (September 2018 bis August 2019)
Charlotte Castillon (September 2021 bis Ende August 2022) und
Margaux Blache (September 2019 bis August 2020)
Jede war für ein Jahr in der Regenbogenfabrik

Was hast du nach deinem Jahr in der Regenbogenfabrik gemacht?
ein Masterstudium in Deutschland angefangen, in Kulturvermittlung
ein Masterstudium (Umweltpolitik und Stadtpolitik) in Paris angefangen
Nach dem Freiwilligendienst bin ich drei Monate lang durch Spanien und Portugal gereist! Danach habe ich ein Diplom in Französisch als Fremdsprache gemacht und bin nach Berlin zurückgezogen. Nach dem Covid, habe ich einige Jahre in der Kita, im Gastronomiebereich und im Kundenservice gearbeitet und schließlich bin ich immer noch in Berlin und unterrichte Französisch!
Jetzt mache ich einen Master in Nachhaltigkeit, „Master in Sustainable Business Development“, mit Kursen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz.

Hast du eine Idee, was in den nächsten fünf Jahren für dich sein wird?
Masterabschluss und Jobsuche in Berlin im Bereich vom Film
Ich arbeite seit 2 und halb Jahren in einer Beratungsfirma, die sich theoretisch um die ökologische Wende des Immobiliensektors kümmern sollte. Es ist mir im letzten Jahr bewusst geworden, dass die Arbeit, die ich mache, angesichts der aktuellen klimatischen Herausforderungen, nicht engagiert und ehrgeizig genug ist und daher im Widerspruch zu meinen Werten steht. Deswegen habe ich entschieden, diese Arbeit zu verlassen und mir ein bisschen Zeit geben, eine Arbeit und andere Engagements zu finden, die für mich Sinn haben. Ich denke immer an die letzte Unterhaltung, die ich mit Andy hatte, bevor ich Berlin verlassen habe. Er meinte, dass ich das System mich nicht ändern lassen sollte, und dass ich immer gehen sollte, wenn ich merke, dass was ich tue, gegen meine Werte verstößt. Ich glaube, dass diese letzte Diskussion mich sehr beeindruckt hat.
Ich überlege, nach Frankreich zurückzukehren, obwohl ich Berlin liebe, ich bin seit fast sieben Jahren hier und möchte meiner Familie näher sein. Beruflich möchte ich Flüchtlingen, die in Frankreich ankommen, Französisch beibringen und Erwachsene begleiten, die kaum oder gar nicht lesen und schreiben können.
Das ist eine schwierige Frage! In den nächsten fünf Jahren würde ich gerne anfangen zu arbeiten. Ich bin schon ganz gespannt, was ich machen werde. Ich habe noch mindestens zwei Jahre Zeit, um mich darauf vorzubereiten. Im Moment bin ich noch am Entdecken und werde später darüber nachdenken.

Wie ist es dir in Berlin/in der Regenbogenfabrik ergangen?
Es war eine sehr schöne Zeit trotz Corona und hat meine Liebe zu Kultur, Film und politischen Aktivismus weitergefördert. In dieser Zeit habe ich auch beschlossen langfristig in Berlin zu bleiben.
Ich habe in dem Regenbogen-Café gearbeitet, sowie für die Kultur Bereich. Ich habe auch für eine Zeit in der Kantine geholfen. Ab März gab es die Covid-19 Pandemie, und ein großer Teil der Fabrikaktivitäten konnte nicht mehr stattfinden, bis zum Ende meines Freiwilligendienstes. Ich habe in der Zeit angefangen, ein Forschungsprojekt über die Regenbogenfabrik sowie andere Strukturen, die aus der Instandbesetzung Bewegung stammen, zu schreiben. Der ist zu der Zeit noch nicht fertig geschrieben worden, aber es ist eines meiner Projekte für 2025.
Ich habe sehr gute Erinnerungen an meine Zeit in der Fabrik.
Ich konnte an vielen Veranstaltungen, Konzerten, Ausstellungen und Konferenzen teilnehmen, die ich mir vielleicht nicht von selbst angesehen hätte.
Es war auch meine erste „richtige Arbeit“ und eine tolle Erfahrung. Ich bedauere nur ein bisschen, dass meine Deutschkenntnisse mich in einigen Fällen etwas eingeschränkt haben!
Und dieses erste Jahr in Berlin war sehr reich, ich habe die Stadt entdeckt und drei meiner besten Freundinnen kennengelernt, mit denen ich heute noch in Kontakt bin.
Ich sollte nach dem Freiwilligendienst nach Frankreich zurückkehren und schließlich bin ich Jahre später immer noch dort 🙂
Berlin ist eine Stadt wie keine andere, wirklich einzigartig. Es war eine tolle Zeit, dort zu leben und an so vielen tollen Veranstaltungen teilzunehmen. Die Stadt hat einfach an jeder Ecke etwas zu bieten. Ich freue mich jetzt schon darauf, wieder nach Berlin zurückzukehren.
Die RBF ist ein ganz besonderer Ort, der mir sehr am Herzen liegt. Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, sind es vor allem die schönen Erinnerungen, die in mir lebendig werden. Sie hat mir die Möglichkeit gegeben, neue Fähigkeiten zu entwickeln, die mir ohne meinen Freiwilligendienst wahrscheinlich verborgen geblieben wären. Es ist ein Ort voller Herzlichkeit, der Menschen helfen möchte – sowohl denen, die dort hingehen, als auch denen in der Umgebung. Man merkt, wie viel Engagement in all die Projekte gesteckt wird!

Was war neu und war es wichtig für dich?
In einem Ort zu Arbeiten mit soziokulturellem Ansatz und relativ flache Hierarchien und jeden Tag zur deutsche Sprache konfrontiert zu werden. Mir war es wichtig mich da wohl zu fühlen und nützlich für das Zentrum zu sein.
Als ich an der Regenbogenfabrik für meinen Freiwilligendienst angekommen bin, war ich sehr gestresst von meinem Leben. Ich war 21 und hatte den Eindruck, dass es schon zu spät für viele Dinge war. In Frankreich muss man sein Studium sehr schnell abschließen und man erlebt dadurch viel Druck. Ich war sehr ängstlich darüber, ob ich die richtigen Entscheidungen für meine zukünftige Karriere (oder was das heißen soll) mache, und hatte den ganzen Spaß am Studium und Lernen verloren. Dieses Jahr, das ich besonders mit Christine, Johanna, Andy und Lars verbracht habe, hat mir, durch Diskussionen, so viel beigebracht und Perspektiven über was wirklich wichtig war gegeben. Ich habe auch noch meine politische Meinung verstärkt. Dieses Jahr und alles, was ich bei der Regenbogenfabrik gelernt habe, hat mein Interesse für Stadtpolitik, Nachhaltigkeit und Bürgerbeteiligung entwickelt.
Ich habe gelernt, dass alles, was wichtig ist, Zeit braucht.
Es gab viele neue Dinge, da ich erst 19 Jahre alt und gerade erst in Berlin angekommen war!
Aber einer der Gründe, warum mich die Stadt interessierte, war ihre Geschichte und ihr politisches Engagement, und ich war sehr glücklich, an einem Ort und mit Menschen zu arbeiten, die daran beteiligt waren und sind, ein alternatives und engagiertes Kreuzberg zu erhalten.
Ich habe zum ersten Mal in diesem Kulturbereich gearbeitet. Für mich war das also absolutes Neuland, aber es ist ein Bereich, der mich schon immer fasziniert hat. Es war echt bereichernd und ich bin froh, dass ich das machen durfte.

Hast du manchmal Kontakt zur Fabrik?
Ja! Mit Christine gelegentlich. Manchmal komme ich zur Veranstaltungen. Und ich schreibe meine Masterarbeit (teilweise) über die Regenbogenfabrik
Ja, ich korrespondiere via E-Mail mit Christine und besuche mindestens einmal pro Jahr die Fabrik. Es ist immer eine große Freude für mich!
Ich verfolge immer noch den Account der Fabrik auf Instagram.
Ich war leider nicht oft dort, aber das letzte Mal war ich bei einem Treffen von Letzte Generation im Café!
Es ist selten. Wir machen allen sehr viel. Es ist schwierig, viel Kontakt zu haben.

Was sollte die Fabrik in den nächsten fünf Jahren anders machen?
Generationswechsel überleben und weiterhin Leute mit neuen Konzepten einbeziehen. Ich mag den Ort aber eigentlich wie es ist 🙂
Keine Idee 🙂
Vielleicht versuchen, sich bekannter zu machen?
Wenn ich in meiner Umgebung von dem Ort erzähle, kennen die meisten Leute ihn nicht, selbst wenn sie in Kreuzberg wohnen.

Was möchtest du noch erzählen?
Orte der Kultur wie die Regenbogenfabrik müssen bewahrt werden. Und ihre Meinungsfreiheit als selbstverwalteter Ort ist essenziell.
Nichts mehr, danke 🙂
Ich hoffe sehr, dass die Fabrik noch lange weiterbestehen kann, und danke für alles, was Sie tun!
Ich habe meine Zeit in der Fabrik sehr genossen und bin dankbar für all die schönen Erinnerungen, die ich dort gemacht habe.
Weiterlesen:
https://regenbogenfabrik40.blog/2021/04/20/lautre-pepiniere-in-frankreich-und-bapob-e-v-in-berlin/
https://regenbogenfabrik40.blog/2021/05/09/regenbogenfabrik-blog-margaux-blache/

Zusammenfassung: Christine Ziegler
Fotos: Andy Wolff, Margaux Blache, Christine Ziegler, Martin Cames
