Blockversammlung in der Ölberg-Gemeinde

(Fast) „Genau ein Jahr nach ihrer Besetzung wurde das Schicksal der Regenbogenfabrik in der Lausitzer Straße besiegelt. [Wow, „Schicksal“ was für Worte!] Am 4. März fand in der Ölberg-Gemeinde eine Bürgerversammlung statt, um den Anwohner:innen der Lausitzer/Ecke Reichenberger Straße das Konzept der Regenbogenfabrik zu erläutern. Ein Jahr lang renovierten die Besetzer:innen des Hinterhauses Lausitzer Straße 23 ihre Wohnungen, bauten die Fabrik um, die später einem Brandanschlag zum Opfer fiel, und fingen noch einmal von vorn an. Jetzt ging es um die Entscheidung im Bezirksamt, die Vorhaben zu unterstützen. Die Anwohner sollten vorher gefragt werden.“

Ich kann mich daran erinnern, dass die Stimmung im Saal nicht eindeutig war. Freundliches Interesse schon, auch war es interessant, um die eigene Meinung gefragt zu werden. Doch Besetzer gut finden, das ging dann manchen doch etwas zu weit. Den Umschwung brachten nach meiner Erinnerung zwei Menschen. Zum einen das Statement einer aufgebrachten Frau über die Entwicklung der Miethöhe für sich und ihre Familie nach Modernisierung. Diese Enttäuschungen brachte sie dazu, gut zu finden, was „die jungen Leute“ da machten. Zum anderen die Solidaritätsadresse eines türkischen Nachbars, der die Besetzer rund heraus als gute Nachbarn begrüßte. So wuchs das Gefühl, hier angekommen zu sein.

Christine

Bericht von der Besetzung der Regenbogenfabrik

Der Südost Express berichtete in seiner Ausgabe vom April 1981:

Instandbesetzung in der Lausitzer Straße

In einer Blitzaktion besetzten eine Gruppe Gewerkschafter, eine Gruppe alleinstehender Frauen mit Kindern sowie einige Mitarbeiter und Freunde der Bürgerinitiative SO die leeren Wohnungen in der Lausitzer Straße 22a und 23 und die Fabrikgebäude in der Lausitzer 22. Unterstützt wurden sie von der Bürgerinitiative SO 36, dem Stadtteilzentrum Lausitzer Straße, Wohnen und Leben e.V. und durch viele Zusprüche von Nachbarn, der Ölberg-Gemeinde und anderen mit der Sanierung offiziell Betrauten in SO 36.

Pedale und Randale

1982 | Aktion „Pedale und Randale“ Die Fahrradlager des Berliner Senates für Krisenzeiten wurden geräumt. Originalverpackt konnten sie von Großabnehmern bestellt und weiterverkauft werden. Der Verein SO 36 hatte 1250 Räder gekauft. In einer Riesenaktion mit Festcharakter wurden diese in der Regenbogenfabrik unter Anleitung zusammengebaut und an EinzelabnehmerInnen weitergegeben. Nicht nur Einzelpersonen kamen, sondern auch BEWAG und Polizei (Man bedenke Senatsangehörige auf besetztem Gelände!).

Südost Express 5/1982, Seite 14
Südost Express 5/82, Seite 15

Der Südost Express ist im Kreuzberg Museum heute noch zu lesen