Fundstücke, die Geschichten erzählen und Erinnerungen wach rufen

Heute: Ein unscheinbares Schlüsselset mit fragwürdiger Beschriftung.

Vorweg ein paar geschätzte Hintergrundzahlen:

Alleine auf dem eigentlichen Gelände der Regenbogenbogenfabrik gibt es nach unvollständiger Überschlagung etwa 50 Schlüssel, bzw. Türschlösser. Bei allen gibt es mindestens 4 Personen, die sie nutzen. Macht summa summarum also ca. 200 aktive Schlüssel. Uff. Und dann geht ein Schloss kaputt, oder ein Schlüssel geht auf gefährliche Wanderschaft. Da behalte mal Ruhe und Gelassenheit…

Beim neusten Versuch, einen Überblick über das immerwährende Schlüsselchaos zu bekommen, ist uns ein Schlüssel mit der Aufschrift „Münztelefon“ in die Hände gefallen:

Münztelefon? Wo soll das denn sein? Ist jemand lange genug hier, um das zu wissen? Manchmal hilft die handschriftliche Notiz auf dem Schlüsselanhänger. Aber auch für diesen kriminologischen Ansatz braucht es Veteran:innen früher Stunde.

Wir haben es selbstverständlich herausbekommen!

Es ist der Schlüssel zum Münztelefon im Hostel. Das wurde damals, in einer Zeit ohne W-Lan und Mobiltelefonen, gekauft, um den Gästen den individuellen Kontakt zur Heimat zu ermöglichen. Und nebenbei, um vielleicht 1-2 Mark zu verdienen. 1-2 Mark, da lag das Problem in der guten Idee: Das Telefon war so überraschend günstig zu bekommen, Ende der 90er Jahre… 2001 dann der Zaunpfahl am Kopf: Bye Bye D-Mark, Hello Euro! Und unser Münztelefon, das konnte doch nur D-Mark. Nun gut, schnell so viele Münzen wie möglich horten und im Tausch gegen Euro an die Gäste herausgeben. Wie Duschmarken, nur nicht zur Körper-, sondern zur Seelenhygiene unser Gäste.

Der gefundene Schlüssel war also zum Leeren des Geldfachs des Telefons. Geld, das für uns plötzlich kein eigentliches Geld mehr war, sondern Telefonmark(en).

Den Apparat gibt es längst nicht mehr. Ob die Münzen ein Teil der ca. 6,6 Milliarden verschwundenen Münzmark sind, in dem sie im Keller (oder hinter einer verschlossenen Tür, zu der der Schlüssel fehlt) schlummern, bleibt ein weiteres Rätsel.

Ach ja, die Beschriftung konnten wir am Ende auch zu ordnen: Sie stammt wohl von Susanne, der Gründerin unseres Hostels.

p.s.: Welch Hohn sich da bei genauerer Betrachtung der Schlüssel selber noch aufdrängt: „Euro Locks“ heißen sie. Kannste Dir nicht ausdenken.