1983 | Rettet die Regenbogenfabrik!

2.000 und mehr Unterschriften wurden im Dezember 1983 gesammelt. Die Anzeige erschien im Tagesspiegel und in der taz.

Wie kam es zum Alarm?

Nach mehr als zweieinhalb Jahren Besetzung hatte die Eigentümerin „Wohnbau Design“ dazu aufgefordert, die Immobilie sofort zu verlassen. Der Geschäftsführer Vogel teilte mit, es gäbe einen interessierten Pächter, der auf dem Gelände Baumaterial lagern möchte.

Der Bezirk Kreuzberg hatte sich in vielen Gremien dafür ausgesprochen, die Regenbogenfabrik als „öffentliche Infrastruktureinrichtung“ weiter zu nutzen.

Eine einvernehmliche Lösung scheiterte daran, dass dem Eigentümer kein entsprechendes Ersatzgrundstück beschafft werden konnte. Bezirksamt und IBA hatten sich ein Jahr lang darum bemüht.

Nachdem der Finanzsenator noch einmal bekräftigt hatte, dass ein Kauf des Geländes nicht in Frage komme, meinte der Eigentümer, die Fabrikgebäude jetzt selbst nutzen zu wollen.

Letzte Chance für die Fabrik wäre gewesen, etwa 7.000 DM monatliche Pacht zu überweisen, doch – und das war klar – da konnten die Besetzer:innen nicht leisten. Das Gegenangebot von 1.300 DM lehnte wiederum die Wohnbau Design als zu gering ab. Damit hätten sie nach ihren Aussage die Kosten für den Kauf des Grundstückes nicht refinanziert. Und gekauft hatten sie, um zu bauen, doch der Bauantrag war inzwischen von der Bauverwaltung abgelehnt worden. Eine Klage gegen diese Ablehnung war zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung noch anhängig.

Wie ging es danach weiter?

Januar | Durch öffentlichen Druck und die Vermittlung des Bausenators ist Vogel/Braun gezwungen, mit uns über eine Legalisierung zu verhandeln – wieder baut Herr Neuhoff etliche Hürden für uns auf. Die zuständigen Senatsverwaltungen sind bereit, unsere Aktivitäten im Falle einer Legalisierung finanziell zu fördern.

10.2.1984 | Die Klage von Vogel/Braun auf Baugenehmigung wird abgewiesen.

23.2.1984 | Die Senatsbauverwaltung stimmt dem Vorhaben des Bezirksamtes zu: Aufstellung eines Bebauungsplans mit der Zweckbestimmung „kulturelle und sozialpädagogische Einrichtung“.

April | Die Verhandlungen ergeben die Bereitschaft des Eigentümers, mit dem Projekt einen Vertrag über sechs Monate abzuschließen, damit das Gelände danach vom Land Berlin oder von uns selbst gekauft werden kann – doch wieder lässt sich Vogel/Braun etwas einfallen und verlangt einen restlos überhöhten Kaufpreis.

Dazu setzt der Eigentümer ein Ultimatum: Wenn bis zum 30.4. Kein Vertrag unterschrieben ist und die Miete von Januar bis Mai (ca. 20.000,- DM) nicht überwiesen ist, wird geräumt.

In einem von der IBA beauftragten Gutachten wird bestätigt, dass der Kaufpreis völlig überhöht ist.

27.04.1984 | Die Regenbogenfabrik hinterlegt die gesamte Miete in Höhe von ca. 24.000,- DM (Januar bis Juni) beim Notar, um ihre grundsätzliche Vertragsbereitschaft zu signalisieren – das Geld konnte kurzfristig von befreundeten Privatpersonen geliehen werden.

Wir überbringen der Eigentümergesellschaft ein Schreiben, das sich auf unsere Vertragsbereitschaft bei einem berechtigten Kaufpreis bezieht.

03.05.1984 | Senatsdirektor Krause von SenBauWohn schaltet sich in die Verhandlungen ein: der Verkauf zum aktuellen Verkehrswert wird akzeptiert, doch fordert der Eigentümer nun den Abriss des Hinterhauses.

Juli |Es folgen unendlich viele Verhandlungsgespräche mit dem Eigentümervertreter Neuhoff bei Senatsdirektor Krause, welche zwar die Sicherung von Fabrik, Seitenflügel und Café zum Ziel haben, weiterhin aber den Abriss des Hinterhauses in einem Jahr bedeuten.

Nachdem sich die Regenbogenfabrik weigert, den Vertrag mit dem damit verbundenen Abriss des Hinterhauses zu unterschreiben, setzt Vogel/Braun wieder ein Ultimatum: 17. Juli, 12 Uhr – um 14 Uhr geben wir gemeinsam mit Bezirksstadträten eine Pressekonferenz

Senatsdirektor Krause kündigt an, noch einmal zwischen den Vertragsparteien vermitteln zu wollen.

Eine Räumung der Regenbogenfabrik ist bei Nichtunterzeichnung des Vertrages nun endgültig nicht mehr zu verhindern. Auf dem Plenum wird die ganze Nacht durchdiskutiert, mit der schwersten Entscheidung der ganzen Projektgeschichte, nicht zu unterschreiben.

Der letzte, von Senatsdirektor Krause initiierte Einigungsversuch scheitert.

28.07.1984 | Das Plenum beschließt, den Vertrag doch zu unterschreiben.

01.08.1984 |Das Vertragswerk wird unterschrieben, es beinhaltet Verträge für: das Café vom 1.5.84 bis zum 31.12.89, den Seitenflügel vom 1.5.84 bis zum 31.12.85 (Vormietvertrag, dem Einzelmietverträge folgen sollen), das Hinterhaus vom 1.5.84 bis zum 30.6.85 (ohne Verlängerungsmöglichkeit), die Fabrik vom 1.5.84 bis zum 31.12.85 (einschließlich Kaufoption bis zum 31.12.85)