Das Thema begegnete mir zum ersten Mal persönlich Anfang 1992, als mein Bruder plötzlich – und für mich völlig unerwartet – an Aids erkrankte. Damals war das fast das direkte Todesurteil, man wusste wenig über diese Krankheit und es gab kaum Behandlungsmethoden.
Und die, die es gab, hatten so heftige Nebenwirkungen, dass manch einer dann lieber drauf verzichtete.
Bei Stefan zeigte sich die Krankheit in Form von aufsteigenden Lähmungen an Händen und Füßen. Eine qualvolle Zeit im Krankenhaus, bis es durch Antibiotika gestoppt wurde. Danach war klar, dass er auf Hilfe angewiesen war, sein Leben als bislang sehr autonomer Mensch nicht mehr alleine gestalten konnte.
So war er der erste, der in die bereits geplante barrierefreie Wohnung im Erdgeschoss des Hinterhauses zog. So war es für ihn möglich, seine letzten fast 2 Jahre in Gemeinschaft und mit der notwendigen Unterstützung zu leben.
Ein paar Jahre später stieß ich auf den ambulanten Hospizdienst Tauwerk, ein Aids-Hospizdienst (https://www.hospiztauwerk.de) und wollte gerne aus meiner Erfahrung, die mir die Angst vor der nahen Begegnung mit Aids genommen hatte, in dieses Engagement einsteigen. Nach einem Vorbereitungskurs und mit kontinuierlicher fachlicher Begleitung mache ich bis heute noch diese Besuche bei den doch oft sehr einsamen Menschen und finde das auch sehr sinnvoll.
Ja, es wird oft vergessen, dass Aids in unserer Gesellschaft doch immer noch ein Tabu-Thema ist, auch wenn das oft nicht so deutlich ausgesprochen wird.
Oder aber auch oft die Meinung vorherrscht: Es gibt doch Medikamente, ist doch alles nicht so schlimm. Ja, es gibt Medikamente, aber: diese erfordern eine hohe Compliance (= sehr regelmäßige Einnahme), haben oft starke Nebenwirkungen und führen nicht selten zu Resistenzen (= sie wirken nach einer längeren Einnahme nicht mehr). Also alles nicht so lustig!!
Und dann wird auch nicht selten die Schuldfrage gestellt: Warum und wo hat der Mensch sich denn angesteckt? Selber schuld! Diese Frage stellt sich für uns in der Hospizarbeit nicht. Wir sehen jeden Menschen mit seinen Themen, Sorgen, Bedürfnissen – soweit er / sie mit uns teilen will. Einfach da sein für die Menschen!
Und nicht zuletzt bei Infoständen das Thema immer wieder ins Bewusstsein aller rufen.
Johanna