Kauf und Verkauf – Geschichte des Geländes der Regenbogenfabrik

Vorsicht, das wird trocken. Zusammengetragen sind Infoschnipsel aus dem Südostexpress, von Archplan, Fragmente aus Plenumsprotokollen und aus der Magisterarbeit von Anette Schill. Es ist zu befürchten, dass noch manche Erinnerung gehoben werden muss, aber ein Anfang ist das schon mal.

Es leben die Suchfunktionen: Das Wort Kauf in unserer Übersicht bringt uns in Stichworten zwei Seiten Text zusammen. Und warum nicht, beginnen wir mit dem Verkauf des Dampfsägewerks aus dem 19. Jahrhundert im Jahre 1915.

Die einzelnen Episoden sind heute nicht mehr unbedingt nachvollziehbar, doch die schiere Fülle an Daten zeigt auf, wie kompliziert es gewesen sein muss. Wie viele Menschen sich damit wochenlang haben rumschlagen müssen. Welche Koalitionen eingegangen und womöglich auch wieder aufgelöst wurden.

1915 | Konkurs und Schließung des Dampfsägewerks durch die kriegsbedingte schlechte Wirtschaftslage; Verkauf des Grundstücks an den Eisenwarenfabrikanten Erwin Bartels; Bauantrag des neuen Eigentümers zum Abriss der gesamten hinteren Bebauung und Neubau einer Schmiede- und Eisenfabrik. Der Bauantrag wird wegen der beabsichtigten Überbauung (geplante GRZ 0.7) nicht genehmigt. Quelle: Archplan 12/81 und 2/82

Im Verlauf der Jahre 77 bis 79 kaufen Vogel/Braun mehrere Häuser im Block 109 auf. (Reichenberger Straße 49, 50, 51 und Lausitzer Straße 22/22a/23). Zuletzt Anfang 1979 das gesamte Grundstück Lausitzer Straße 22 (Vorderhaus und die dahinter im Blockinnenbereich liegende Fabrik für 500.000 Mark.
Quelle: SOE Sonderausgabe, September 1983

12.8.1981 | Vogel/Braun zeigen im Gespräch mit Baustadtrat Orlowsky Bereitschaft, das Fabrikgrundstück zu verkaufen oder zu verpachten, wenn sie das Land Berlin mit einem Ersatzgrundstück entschädigt.

4.3.1982 | Bauausschuss des Bezirkes setzt sich für das Konzept ein und empfiehlt einen Kauf des Geländes durch das Bezirksamt.

Beschlussempfehlung des Bauausschusses an die BVV: Das Bezirksamt soll sich für die Realisierung des Konzeptes einsetzen.

Das Land Berlin soll das Hofgrundstück vom jetzigen Eigentümer übernehmen mit dem Ziel, durch geeignete Verträge mit dem Verein Regenbogenfabrik e.V. eine selbstverwaltete Nutzung als Kinder- und Nachbarschaftszentrum zu ermöglichen. Quelle: Archplan

9.11.1982 | Bezirksamt beschließt Kauf.

1983, Januar | Bezirk wiederholt Anfragen beim Senat zum Kauf der Regenbogenfabrik, Antwort: kein Erwerb möglich, da Gelände besetzt.

1983, Juni | Nach dem Scheitern der Bemühungen, den Senat zum Kauf zu bewegen, wird erneut versucht, ein Ersatzgrundstück zu finden, um Regenbogenfabrik und Lause-Haus den Krallen von Vogel/Braun zu entreißen – ohne Erfolg.

1984, April | Die Verhandlungen ergeben die Bereitschaft des Eigentümers, mit dem Projekt einen Vertrag über sechs Monate abzuschließen, damit das Gelände danach vom Land Berlin oder von uns selbst gekauft werden kann – doch wieder lässt sich Vogel/Braun etwas einfallen und verlangt einen restlos überhöhten Kaufpreis.

In einem von der IBA beauftragten Gutachten wird uns bestätigt, dass der Kaufpreis völlig überhöht ist. Wir überbringen der Eigentümergesellschaft ein Schreiben, das sich auf unsere Vertragsbereitschaft bei einem berechtigten Kaufpreis bezieht.

1984, Mai | Senatsdirektor Krause von der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen schaltet sich in die Verhandlungen ein: der Verkauf zum aktuellen Verkehrswert wird akzeptiert, doch fordert der Eigentümer nun den Abriss des Hinterhauses.

1.8.1984 | Ein kompliziertes Vertragswerk wird unterschrieben. Es beinhaltet Verträge für: das Café vom 1.5.84 bis zum 31.12.89, den Seitenflügel vom 1.5.84 bis zum 31.12.85 (Vormietvertrag, dem Einzelmietverträge folgen sollen), das Hinterhaus vom 1.5.84 bis zum 30.6.85 (ohne Verlängerungsmöglichkeit), die Fabrik vom 1.5.84 bis zum 31.12.85 (einschließlich Kaufoption bis zum 31.12.85).

Die sogenannte „Kottigruppe“ wird in der Regenbogenfabrik einberufen, um Geldmittel für den Fabrikkauf einzuholen.

1984, November | Ein Antrag auf Lotto-Mittel ist fertiggestellt, wir haben Aussicht auf genügend Geldmittel (über Netzwerk, GLS-Bank, private Förder:innen), um die Fabrik zum Verkehrswert zu kaufen, um damit von den horrenden Forderungen der Spekulantengruppe herunterzukommen und den Erhalt unseres Projekts langfristig zu sichern. Doch der Senat signalisiert überraschend eigene Kaufabsichten.

1985, Januar | Der Eigentümer versucht mit dubiosen Argumenten, die Verhandlungen um den Kauf hinauszuzögern. Offensichtlich spekuliert er auf eine Aufhebung des Gerichtsurteils zur Bebaubarkeit des Geländes und hat schon Ende 1984 „vorsorglich“ Abrissanträge für Fabrik und Hinterhaus gestellt.

13.6.1985 | Der Planungsausschuss fordert den Senat auf, den Abriss des Hinterhauses und Fabrik zu verhindern und die Regenbogenfabrik sofort zu kaufen.

8.7.1985 | Pressekonferenz der Regenbogenfabrik zum drohenden Abriss der Gebäude Ende Juli und der veränderten Situation des Hinterhauses (Planungsrecht)
Jugendsenatorin Schmalz-Jacobsen spricht sich für den Kauf der Regenbogenfabrik und den Erhalt des Zusammenhangs „Wohnen und Arbeiten“ aus.

9.10.1985 | Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau- und Wohnungswesen zum Antrag der Fraktion der SPD über Erhalt des Kinder- und Nachbarschaftszentrums „Regenbogenfabrik“.

17.10.1985 | Auch das Abgeordnetenhaus fasst einen Entschluss zum langfristigen und umfassenden Erhalt der Fabrik (Drs. 10/298).

1987, April | Nach wie vor ungeklärt bleibt, ob und wann die Regenbogenfabrik je aus den Klauen von Vogel/Braun in die Hände des Bezirksamtes übergeht.
Während die Spekulanten einen völlig überhöhten Kaufpreis und eine Modernisierungsgenehmigung für ein anderes Grundstück rauspressen wollen, zieren sich Stadtrat Peters, Grundstücksamt und die Senatsverwaltung für Finanzen. Sie befürchten „Altlasten“, sprich Zyanide und andere Gifte, in Boden und Fundament unter den alten Chemielagern. Ein Gutachten soll nun Klarheit verschaffen, ob der vor Jahren vorgenommene Bodenaustausch auf dem auch als Kinderspielplatz benutzten Hof ausreichte (Südost Express).

Finanzsenator Rexrodt stimmt einem Kauf der Fabrik zu, nimmt diese Absicht aber im November wieder zurück, verschiebt auf „nach den Wahlen“. Aber auch nach den Wahlen rührt sich nichts bis auf eine im Ergebnis folgenlose Gesprächsrunde am 26.4.1989.

15.3.1990 | Pressegespräch: Wir fordern den sofortigen Kauf des Geländes durch das Land Berlin, die Sanierung des verseuchten Bodens und die Weiterzahlung der Miete.

15.4.1992 | Kaufvertrag zwischen BA Kreuzberg und der Firma Finance & Budget.

Zeitschrift SO36 – Artikel von Rainer Sauter

chz