Kreuzberg kocht

»Kreuzberg kocht« portraitierte 55 außergewöhnliche Menschen und Initiativen, Kulturprojekte und Vereine, die Kreuzberg heute prägen. In Interviews erzählen sie, wie sie neue Wege beschreiten, was sie antreibt und wie sie Schwierigkeiten überwinden. Und: Sie alle verraten ein Lieblingsrezept zum Nachkochen. In den Topf und auf den Teller schauen lassen sich so unter anderem das Ballhaus Naunynstraße, die Ohrbooten und das SO36. 
Das Ergebnis: ein Mut machendes Buch mit Nähr- und Mehrwert! Das Kochbuch war eine Idee aus dem Berliner Büchertisch.

Die Regenbogenfabrik war darin in verschiedener Weise vertreten. Wir beenden die Dokumentation des Kochbuchs mit der Regenbogenkantine.

Kreuzberger Querschnitt im Hinterhofparadies – Die Regenbogenkantine

Unter dem Motto „Meet and Eat“ bietet die Regenbogenkantine täglich einen preiswerten Mittagstisch. Zu Beginn richtete sich das Angebot an Menschen, die in den verschiedenen Projekten der Regenbogenfabrik arbeiten und leben. Mittlerweile essen hier jeden Mittag Leute aus dem ganzen Kiez.

Anna: Wie genau bist du zum Kochen gekommen?

Julian: Meine Mutter war alleinerziehend und hat immer von morgens bis abends gearbeitet, also musste ich mich selbst versorgen. Da ich keine Lust hatte, nur Stulle zu essen, habe ich dann angefangen, zuhause zu kochen; das war relativ früh. Mit sechs hab ich schon gekocht, auch für meinen Bruder. Das hat sich weiterentwickelt. In der Gastronomie angefangen hab ich dann mit fünfzehn oder sechzehn, allerdings nicht als Koch sondern als Barkeeper und Servicekraft. Das war so mein Einstieg, und mit achtzehn bin ich dann zum Kochen gekommen, durch einen Zufall. Da ist ein Koch ausgefallen und ich bin einfach mal in die Küche. Ich hab gesagt, dass ich ein bisschen was kochen kann und es mal probieren würde – und bin dann dabei geblieben.

Anna: Kannst du die Geschichte der Regenbogenkantine kurz umreißen?

Julian: Ich habe hier vor sieben Jahren angefangen und bin auch hier ausgebildet worden. Damals war das hier eine Art Betriebskantine der Regenbogenfabrik, es kamen zirka zehn Leute am Tag zum Essen. Das war wirklich noch mehr oder weniger eine Hobbyküche. Wir haben es dann innerhalb von zwei, drei Jahren geschafft, immer mehr auszubauen. Mittlerweile sind wir richtig eingetragen und können auch Stellen finanzieren.
Heute machen wir etwa 3000 Essen im Monat. Wir sind jetzt Kantine für den Kiez, für die Kindergärten und für unsere Leute hier natürlich. Das Kernteam aus drei bis vier Leuten besteht immer noch, dann gab es ganz viele drum herum, die gekommen und gegangen sind. Das Schöne war, dass wir uns selbst gestalten konnten. Wir konnten uns selber verwirklichen, Ideen einbringen, wurden auch immer unterstützt von der Fabrik.
Wir sind wirklich froh mit dem, was wir so geschaffen haben.

Anna: Wer kommt zum Mittagessen hierher?

Julian: Der Querschnitt aus Kreuzberg. Vom Hartz-IV-Empfänger, der wirklich nicht viel Geld hat, bis zum Rechtsanwalt und Doktor kommen Leute hier zum Essen. Das ist ganz lustig. Ich würde sagen, wir haben achtzig Prozent Stammgäste. Man kennt sich, man trifft sich jeden Tag, man tauscht sich aus, hat Gespräche. Das ist nett, hat schon fast was Familiäres. Es sind dann immer sechzig bis achtzig Leute jeden Tag. Man hat auch immer neue Gesichter dabei, die uns über das Internet gefunden haben oder durch Hörensagen. Es ist echt witzig.

Anna: Gibt es etwas, das du ganz besonders schätzt an der Arbeit hier in der Kantine?

Julian: Das wirklich freie Arbeiten. Man kann von vorne bis hinten das umsetzen, was man im Kopf hat. Man bekommt nichts vorgesetzt, sondern kann zum Beispiel sagen: „Nächste Woche koche ich mal zwei oder drei Tage Mexikanisch.“ Ich habe viele Kochbücher studiert zu Hause und hier kann ich dann Gerichte ausprobieren und verändern, und manchmal entstehen so neue Sachen, die ganz gut sind. Auch toll ist der direkte Kontakt zu den Kund*innen selbst. Wir haben eine offene Küche, also bestellen sie das Essen direkt bei mir. In jedem anderen Restaurant verschwindet man in der Küche und hört nur mal über das Servicepersonal, ob das Essen gut war. Und dann ist da natürlich unser Hof – unser kleines Kreuzberger Hinterhofparadies. Wenn man rausguckt aus der Küche und die Leute sitzen dann hier auf dem Hof verteilt, im Sandkasten, auf dem Hügel. Man sieht die verschiedenen Menschen, die sich hier treffen, sich austauschen. Ich habe noch keinen Arbeitsplatz als Koch gehabt, der so angenehm war.

Anna: Was darf in der Küche nicht fehlen?

Julian: Frische Zutaten. Wir benutzen überhaupt keine Fertigprodukte, also es wird echt alles selbst gemacht. Das finde ich schon wichtig beim Kochen.

Zucchinipuffer mit Wurzelgemüse, Wedges und Aioli

FÜR 4 PERSONEN

Zucchinipuffer:
500 g Zucchini, in Scheiben
2 Zwiebeln, gerieben
2 EL Butter
1 Bund glatte Petersilie, fein gehackt
2 Eier
1 EL Minze, fein gehackt
170 g Semmelbrösel
100 g Emmentaler, gerieben
etwas Mehl
Öl
Meersalz, schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen

1. Wasser in einem Topf mit Salz zum Kochen bringen. Zucchini 10 Minuten darin kochen.
2. Butter in einem kleinen Topf zerlassen.
3. Gekochte Zucchini abgießen, abtropfen lassen und pürieren.
4. Eier, zerlassene Butter, Kräuter, Semmelbrösel, Zwiebeln und Käse unter die Zucchini rühren, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Mischung 5 Minuten ruhen lassen.
5. Hände leicht einölen und aus je 1 EL Zucchinimasse etwa 1 cm dicke Puffer formen. Diese in etwas Mehl wenden.
6. Öl in einer Pfanne erhitzen und die Puffer von beiden Seiten goldgelb braten. Die fertigen Puffer auf Küchenpapier entfetten.

Wurzelgemüse:
1 Gemüsezwiebel, klein gewürfelt
2 Möhren, geschält, halbiert und in Scheiben
2 Pastinaken, geschält, halbiert und in Scheiben
2 Petersilienwurzeln, geschält, halbiert und in Scheiben
1 EL frischer Thymian, grob gehackt
1 TL Honig
Meersalz, frisch gemahlener Pfeffer
Öl

1. Öl in einem Topf erhitzen, nacheinander die Zwiebeln und das Gemüse anschwitzen.
2. Anschließend Honig und Thymian hinzufügen und alles gut vermengen.
3. Etwas Wasser dazugeben und auf kleiner Flamme mit geschlossenem Deckel 10 Minuten garen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Wedges:
1 kg Kartoffeln, gewaschen

1. Salzwasser einem Topf zum Kochen bringen. Kartoffeln 10 Minuten darin kochen.
2. Kartoffeln sechsteln, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und mit etwas Olivenöl beträufeln. Bei 180°C auf mittlerer Schiene 15-25 Minuten goldbraun backen. Anschließend mit Salz und Pfeffer bestreuen.

Aioli:
2 Eigelbe von ganz frischen Eiern
¼ l Sonnenblumenöl
4 Knoblauchzehen, gepresst
1 EL Senf
Saft von ½ Zitrone
Salz, Pfeffer

1. Alle Zutaten, die Zimmertemperatur haben sollten, in einen Messbecher geben, bis auf den Zitronensaft. Mit einem Pürierstab vom Boden aus langsam hochziehen.
2. Mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken.

Kräuterbutter:

125 g weiche Butter
Frische Kräuter (z. B. Petersilie, Schnittlauch, Dill, Basilikum), klein gehackt
1 Knoblauchzehe, fein gehackt
Salz, Pfeffer

1. Butter mit Kräutern und Knoblauch gut vermengen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
2. Ein Stück Alufolie und darauf Frischhaltefolie auslegen.
3. Die Masse darin einrollen und beide Enden bonbonartig verschließen. Im Kühlschrank lagern.