Alle werden sich erinnern und sagen: Klar. Ich weiß Bescheid, am 13. August vor 60 Jahren…
Mir war das immer zu wenig. Zumal an diesem Tag mein einer Großvater und eines meiner Patenkinder zur Welt kam. Der eine 1898 in Charlottenburg, was damals noch eine selbständige Stadt war, und der andere 2012 in der Niederlausitz.
Geschichte hat viel zu bieten und natürlich will sie gerne, für meine Phantasie zumindest, andocken an Geschichten, die mit Daten verbunden werden können. Seit langem „erinnere“ ich mich auf diese Art, jedes Jahr erneut und wieder. Bin mir auch bewusst, dass jeden Moment für jeden Menschen etwas anderes Entscheidendes passiert. Irgendwas ist ja immer.
Die Auswahl in meinem Taschen-Kalender (sic) für heute geht so.
1521. 1727. 1871. 1913. 1926. Und in meinem Kalender steht danach in gleicher Reihenfolge: Cortez vernichtet endgültig das Aztekenreich. Im Herrnhut der Gründergeneration feiern sie ein Fest mit Einheimischen und Geflüchteten zusammen. Karl Liebknecht wird geboren. August Bebel düst ab in die ewigen Jagdgründe. Fidel Castro erblickt irgendwo in Kuba das Licht der Welt.
Aber zurück zum geteilten Berlin. Da will ich dann doch eine Geschichte erzählen. Eine, die mit dem Café der Regenbogenfabrik zu tun hat.
Besser: Etwas, was ohne dieses wunderbare Café nie verwirklicht worden wäre.
Ein paar Jahre lang kamen im Rahmen von Bildungsradtouren der Böll-Stiftung jeden Sommer bildungshungrige Touristinnen für ca. zwei Stunden ins Café. Und das Thema jeder kleinen Zeitzeugenrunde war die Frage, wie unterschiedlich der Blick auf diese Stadt Berlin ausfiel, je nachdem, auf welcher Seite der Mauer mensch aufgewachsen war oder wo mensch lebte.
Zur Zeit des sogenannten Kalten Krieges. Und Uta Wilczok und ich, wir waren für diese Gesprächsrunden ausgesucht worden, zwei Guides aus Berlin, die genau darüber mit den Gruppen sprechen konnten.
Uta war Journalistin und aktiv in Ostberlin. Ich beruflich und häuserbewegt unterwegs in Westberlin.
Und wie war das dann zum Mauerfall?
Mit dieser Einstiegsfrage kamen wir jedes Mal ins erzählen – und ins Zuhören. Denn auch unsere Caféhausgruppen hatten ja auch immer etwas erlebt in Zeiten des Kalten Krieges. Wir lernten in diesen Runden, darauf zu achten, dass „Wahrheit“ wohl eher aus vielen persönlichen Wahrheiten besteht. Mit dieser Erkenntnis will ich durchaus weitermachen im Leben.
Wie auch immer. Es waren jedes Mal sehr anregende Gespräche im Regenbogencafé. Und ich gestehe, dass ich nicht nur deswegen dieses Café vermisse.
Ach so.
Was ist denn nun meine Erinnerung an den 13. August 1961?
Hab keine.
Ich war noch nicht mal Schulkind, damals im amerikanischen Sektor von Berlin.
Aber irgendwas ist immer los.
Schönen Tag euch.
Leh von umbruch-bildarchiv
Und Danke fürs Mauerbild an den Kinderbauernhof! (chz)