»Kreuzberg kocht« portraitierte 55 außergewöhnliche Menschen und Initiativen, Kulturprojekte und Vereine, die Kreuzberg heute prägen. In Interviews erzählen sie, wie sie neue Wege beschreiten, was sie antreibt und wie sie Schwierigkeiten überwinden.
Und: Sie alle verraten ein Lieblingsrezept zum Nachkochen. In den Topf und auf den Teller schauen lassen sich so unter anderem das Ballhaus Naunynstraße, die Ohrbooten und das SO36.
Das Ergebnis: ein Mut machendes Buch mit Nähr- und Mehrwert!
Das Kochbuch war eine Idee aus dem Berliner Büchertisch.
Die Regenbogenfabrik war darin in verschiedener Weise vertreten.
Wir setzen im Blog die Dokumentation des Kochbuchs mit den Kreuzberger Kuchenbäckerinnen fort.
Es war der 2.11.2006, an dem die Kreuzberger Kuchenbäckerinnen das erste Mal die Ladentür öffneten. Gegründet wurde der Backladen von Frauen auf der Suche nach einem Weg aus Arbeitslosigkeit und Fördermaßnahmen. Leider mussten wir zum 31.12.2018 nach 12 Jahren und 2 Monaten unser Projekt „Kreuzberger Kuchenbäckerinnen“ einstellen.
Lassen wir sie hier nochmal zu Wort kommen.
Brownies im Bollerwagen – Die Kuchenbäckerinnen
In einem Café der Regenbogenfabrik in der Lausitzer Straße gibt es Kuchen wie bei Oma. Handgemacht, unkompliziert und preiswert. Gegründet wurde der Backladen von Frauen, die auf der Suche nach einem Weg aus Arbeitslosigkeit und Fördermaßnahmen waren.
Cornelia: Habt Ihr unter euren Kuchen einen Bestseller?
Jenny: Der Russische Zupfkuchen läuft immer. Ohne den brauchst du den Rollladen gar nicht hoch ziehen. Gerade unter der Woche. Und für Kinder auch Brownies, die sind einfach günstig, die passen in jede Kinderhand, kosten um die fünfzig Cent und sind schnell verspeist. Aber das heißt nicht, dass es unsere Backfavoriten sind. Die Brownies sind immer eine unheimliche Mantscherei.
Cornelia: Die Kuchenbäckerinnen sind als Selbsthilfeinitiative entstanden. Wie kamt ihr ausgerechnet auf Kuchen?
Jenny: Wir hatten Frauen, die was konnten, nämlich sehr gut backen. Sie waren keine gelernten Fachfrauen, keine Konditorinnen, aber sie konnten guten hausgemachten Kuchen backen, dafür hatten sie die Leidenschaft. Aber was willst Du damit anfangen? Sie haben halt alle eine Aufgabe gesucht und wir haben dann festgestellt, dass es im Kiez und eigentlich in ganz Berlin schwierig ist, normalen guten Kuchen zu kriegen, zu annehmbaren Preisen, ohne Schnickschnack, ohne Tiefkühlgedöns und irgendwelche Zusatzstoffe. So was kriegst Du einfach nicht. Und dann war eine kleine Ladenwohnung frei, wo man das verkaufen konnte und somit war die Idee geboren. Damals war das jetzige Café noch eine Kneipe, das Vereinslokal. Die Kuchenbäckerei war also zuerst nur ein reines Außerhaus-Verkaufsgeschäft. Es gab etwa zwei oder drei Bäckerinnen und am Anfang haben unheimlich viele Leute mit verkauft. Die kamen aus allen Gruppen der Regenbogenfabrik. Das ist ja ein Dorf hier. Man unterhält sich auf dem imaginären Marktplatz. Also musste dafür keine Stellenausschreibung gemacht werden. Da stand dann ein Mann aus der Fahrradwerkstatt da und hat Kuchen verkauft. Am Anfang hat also jeder ein bisschen Babysitting gemacht.
Cornelia: Ihr seid mit einer LOS-Förderung mit Europageldern gestartet und wolltet unabhängig von Ämtern und Fördertöpfen werden. Hat das geklappt?
Jenny: Bisher leider nicht. Wenn man die Qualität bieten und die Kiezpreise halten will, dann kann man damit nicht fünf Mäuler stopfen mit einem vollen Gehalt. Das funktioniert nicht. Ich würde mir schon wünschen, dass wir ohne sämtliche Förderungen klar kommen, wobei auch viel von der Unterstützung vom Kiez abhängt. Oft sagen die Leute: „Wir sind arm dran und ihr seid arm dran, also müsst ihr es für uns doch billig machen“.
Aber wir müssen halt genauso davon leben. Wir produzieren ja nicht in Massen und so ein handgemachter Kuchen muss angemessen im Preis sein. Wir müssen die Zutaten genauso bezahlen und wir bezahlen uns ja schon selber nicht fürstlich, wenn überhaupt. Das sind dann ganz einfache Rechenbeispiele.
Cornelia: Diskutiert ihr also mit den Leuten darüber, ob 1,60€ für ein Stück Kuchen zu viel ist?
Jenny: Es ist ganz unterschiedlich. Es gibt tatsächlich manchmal Situationen, wo alle in die Küche rennen und sagen: Nee, mit dem diskutiere ich jetzt nicht (lacht). Und bei machen versucht man, es zu erklären: „Ja, du sagst mir jetzt da und da ist es noch billiger, die werden aber subventioniert. Die kriegen ihren bestimmten Betrag im Monat, den kriegen wir nicht. Dementsprechend können wir es einfach so nicht anbieten“. Manche verstehen das, manche nicht.
Cornelia: Beliefert ihr auch andere Projekte?
Jenny: Wir haben da ein paar Mankos. Wir haben einfach kein schönes Bäckerauto, was dann bunt durch die Stadt flitzt und den Kuchen ausliefert. Wenn es nah ist, dann können wir es auch mal mit dem Bollerwagen hin zerren, so haben wir es beim Kinderkarneval gemacht. Da hatten wir einen Stand und dann haben wir eben tatsächlich den Kuchen mit dem Bollerwagen dahin geschleppt, aber ansonsten gibt es eher unregelmäßige Anfragen; gerade wenn andere Projekte Straßenfeste machen.
Russischer Zupfkuchen
Knetteig:
375 g Weizenmehl
40 g Kakaopulver
3 gestr. TL Backpulver
200 g Zucker
1 Pck. Vanille Zucker
1 Ei (Größe M)
200 g weiche Butter oder Margarine
Füllung:
250 g Butter oder Margarine, wahlweise 200 g Schmand
500 g Speisequark (Magerstufe)
200 g Zucker
1 Pck. Vanille Zucker
3 Eier (Größe M)
1 Pck. Vanillepudding-Pulver
1. Für den Teig Mehl mit Kakaopulver und Backpulver mischen und in eine Rührschüssel sieben. Übrige Zutaten hinzufügen und alles mit einem Handrührgerät (Knethaken) zunächst kurz auf niedrigster, dann auf höchster Stufe zu einem Teig verarbeiten. Diesen anschließend mit den Händen zu einer Kugel formen und in Frischhaltefolie gewickelt etwa 30 Minuten kalt stellen.
2. Inzwischen Butter oder Margarine für die Füllung in einem Topf zerlassen und abkühlen lassen. Backofen bei Ober- und Unterhitze vorheizen und Springform (ø 26 cm) einfetten.
3. Knapp die Hälfte des Teiges auf dem vorbereiteten Springformboden ausrollen. Vom übrigen Teig knapp die Hälfte zu einer langen Rolle Formen, als Rand auf den Teigboden legen und so an die Form drücken, dass ein etwa 2 cm hoher Rand entsteht.
4. Für die Füllung Quark mit Zucker, Vanillin-Zucker, Eiern, Pudding-Pulver und der zerlassenen Butter oder Margarine mit einem Schneebesen zu einer einheitlichen Masse verrühren, in die Form geben und glatt streichen. Den restlichen Teig in kleine Stücke zupfen und auf der Füllung verteilen. Form auf dem Rost in den Backofen schieben und etwa 65 Minuten backen [(Ober-/Unterhitze: etwa 180 °C (vorgeheizt), Heißluft: etwa 160 °C (nicht vorgeheizt), Gas: Stufe 2-3 (nicht vorgeheizt)].
5. Schließlich den Kuchen in der Form auf einem Kuchenrost erkalten lassen.
