1981 | Werner Orlowsky wird Baustadtrat im Bezirk Kreuzberg
Zur Würdigung dieses Anlasses verweisen wir auf einen Artikel der Kreuzberger Chronik vom Juni 2004.
»Alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, ist erlaubt.«
So beginnt Hans W. Korfmann sein Portrait von Werner
Eigentlich würde eine Zigarre zu diesem Bart passen. Ein strenger, durchdringender, alles erobernder Geruch. So eine männlich herbe Attitüde, mit der sich Männer wie Castro oder Che Guevara schmücken, deren Konterfeis noch immer großformatig in seiner Wohnung hängen. Doch Werner Orlowskys Anwesenheit umgibt ein dezenter, feiner und beinahe schon süßlicher Geruch. Dieser Mann drängt sich nicht auf, er schleicht sich ein.
Allerdings ist das Duftwässerchen Sylvestre nur eines von vielen aus einer Reihe von Relikten, die wie eine Garnison von Parfüms und Eau de Toilettes vor dem großen Spiegel stehen und von seiner Vergangenheit als Besitzer der Parfümerie in der Dresdener Straße erzählen.
Einer Vergangenheit, die immerhin von 1960 bis 1980 reichte, und die den Spiegel, der dem unter lautstarken Protest zum Baustadtrat gewählten »Besetzerhauptmann« einen mehrseitigen Beitrag widmete, zu der ironischen Überschrift verleitete: 20 Jahre parfümiertes Blackout. Die Vorstellung vom braven Parfümhändler Orlowsky war mit dem Bild, das die Medien von Orlowsky, dem kämpferischen Sprecher der Hausbesetzerszene, heraufbeschworen, nicht vereinbar. Tatsächlich war Orlowsky eine politische Spätgeburt.
Der Student interessierte sich eher für Literatur und für Musik; auch, wenn er Philosophie und Geschichte studierte und seine Dissertation über den Spanischen Bürgerkrieg schrieb: Orlowsky war vor 1960 »fast ein unpolitischer Mensch«.
