Wir sind labournet.tv, ein kleines Neuköllner Frauenkollektiv. Seit zehn Jahren betreiben wir ein online Archiv mit Filmen aus der Arbeiter_innenbewegung: labournet.tv.
Dort haben wir bisher 850 Filme über Streiks und Klassenkämpfe gesammelt die kostenlos angeschaut und heruntergeladen werden können. Wir drehen auch selber Videos über Streiks in Berlin, manchmal produzieren wir auch längere Filme. Daneben haben wir, bis die Pandemie ausbrach, auch regelmäßig Filmaufführungen und Veranstaltungen organisiert.
Unter anderem im Regenbogenkino.
Wir schätzen die informelle und warme Atmosphäre, die die Betreiberinnen dort herstellen. Man spürt, dass der Ort das Ergebnis jahrzehntelanger Selbstverwaltung ist, kein neutraler Boden, kein Kino, in dem es darum geht einen Riesenumsatz zu machen, sondern eben um etwas anderes. Die Art, wie die Betreiberinnen miteinander und mit uns Veranstalterinnen umgehen, macht den Ort aus.
Respektvoll, zugewandt, leise und solidarisch, mit einem Augenzwinkern und dem selbstverständlichem Selbstbewusstsein von Frauen, die schon viel gewuppt haben, aber nicht für ihre eigenen Karriere, sondern für alle.
Eine Veranstaltung, die mir sehr in Erinnerung ist, war eine aus unserer Reihe Cinéma Klassenkampf. Das ist eine Veranstaltungsreihe, zu der wir streikende Belegschaften einladen, aus erster Hand zu erzählen, was bei ihnen los ist.
Wir hatten Krankenhausarbeiter_innen der Vivantes Tochterfirma VSG eingeladen, damit sie über ihren Streik berichten. Das war am 1. August 2018. Als Auftakt zeigten wir zwei Videos, die wir bei einer Streikversammlung der VSG im Mai desselben Jahres gedreht hatten.
In einem der Videos, einem Mitschnitt der Streikversammlung, bezeichnet die Streikleitung, die verdi Bezirksfachsbereichleiterin, sich selbst als „Advocatus Diaboli“, weil sie „als Mitglied des Vivantes Aufsichtsrates „die andere Seite“ vertrete. Ja, das hat sie gesagt. In der Veranstaltung wurde das mit Beschäftigten und dem Publikum diskutiert: was bedeutet das? Wer steht auf welcher Seite?
Die Veranstaltung hat einen Raum geschaffen, den es sonst so nicht gibt, einen Raum in dem die Aktiven aus dem Betrieb, über ihren Streik berichten und gemeinsam überlegen können wie es weitergeht, unterstützt durch ein interessiertes, solidarisches Publikum. Solche Möglichkeiten sich auszutauschen können für Streikende und ihre Selbstorganisation sehr wichtig sein, auch zu sehen, dass interessierte Menschen kommen, weil sie die Streikenden unterstützen wollen, ist sicher hilfreich, – wer weiß? – für den nächsten Streik, die nächste Mobilisierung.
Eine andere Veranstaltung im Regenbogenkino, an die ich mich lebhaft erinnere, haben wir am Ende Februar 2019 als Vorbereitung auf den Berliner 8. März organisiert, in Kooperation mit dem Frauen*streik Berlin.
Eine Genossin der feministischen Streikkommission berichtete von dem landesweiten Frauen*streik 2018 in Spanien, an dem 5 Millionen Frauen teilgenommen hatten!
Wir zeigten drei Videos, mit Aufnahmen von den Protesten und Interviews mit streikenden Frauen.
Der Abend im Regenbogenkino sollte für den Frauen*streik in Berlin werben. Wir wollten etwas darüber lernen, wie die Frauen in Spanien 2018 so eine massenhafte Mobilisierung hingekriegt hatten. Die wenig überraschende Antwort: das fällt nicht vom Himmel, es gab in den Jahren davor massenhafte stetige feministische Versammlungen in den Stadtteilen.
Die Veranstaltung war gut besucht und endete in leicht euphorischer Stimmung.
Das Regenbogenkino war ein sehr passender Ort für beide Abende. Danke.
